Warum nachhaltig beschaffen?
Nachhaltige Beschaffung und Lieferkettenmanagement bezwecken einen nachhaltigen Umgang mit Mensch und Umwelt in der Lieferkette. Dies kann sich auf unterschiedliche Weise für beschaffende Unternehmen auszahlen. So können beispielsweise Risiken in der Lieferkette reduziert, Effizienzgewinne erzielt, neue Marktsegmente erschlossen oder der Markenwert des Unternehmens erhöht werden.
Treiber für nachhaltige Beschaffung und Lieferkettenmanagement
Die Gründe, welche für eine nähere Beschäftigung mit Fragen der nachhaltigen Beschaffung sprechen, variieren und hängen jeweils von der spezifischen Marktsituation des Unternehmens ab. Grob können jedoch vier Haupttreiber unterschieden werden:
- Risikomanagement: Bei der Beschaffung von Gütern oder Vorleistungen geht ein beschaffendes Unternehmen eine wirtschaftliche Beziehung mit einem Lieferanten ein, welcher oft in einem anderen rechtlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umfeld tätig ist, als das beschaffende Unternehmen. Gleichzeitig entsprechen häufig auch die Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement-Praktiken des Lieferanten nicht denjenigen des beschaffenden Unternehmens. Ohne eine sorgfältige vorgängige Länder-, Branchen- oder Lieferkettenrisikoanalyse können dem beschaffenden Unternehmen daher erhebliche Reputationsrisiken erwachsen. Die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten ins Lieferkettenmanagement kann die Liefersicherheit und Stabilität von Lieferketten weiter verbessern.
- Effizienz: Wenn Zulieferbetriebe Nachhaltigkeitsanforderungen der beschaffenden Unternehmen erfüllen, können oft auch Effizienzgewinne bei der Produktion erzielt werden. So können angepasste Personalmanagementpraktiken die Arbeitsproduktivität bei Zulieferbetrieben erhöhen; bessere Umweltmanagementpraktiken können zu reduziertem Energie- und Materialverbrauch führen bei gleichbleibender oder steigender Leistung. Mit Hilfe von Schulungs- und Unterstützungsmassnahmen kann das beschaffende Unternehmen die Erreichung von Effizienzgewinnen und die Umsetzung von sozialen und ökologischen Standards erhöhen.
- Produkte & Innovation: Produkte mit Nachhaltigkeitsmerkmalen sind im Trend. So weisen beispielsweise im Nahrungsmittelbereich verschiedene Produkte mit Bio- und Fairtrade-Labels höhere Wachstumsraten aus als konventionelle Vergleichsprodukte. Eine professionelle nachhaltige Beschaffung und ein stringentes Nachhaltigkeitsmanagement in der Lieferkette bildet die unverzichtbare Grundlage für die Entwicklung von Produkten mit Nachhaltigkeitsmerkmalen und die wirkungsvolle Weitergabe an Kunden mittels Produktelabels.
- Unternehmenskultur: Ein Unternehmen kann Reputationsgewinne erzielen, wenn es nachhaltig beschafft und glaubwürdige Nachweise über die Nachhaltigkeit seiner Lieferkette erbringt. Dies kann das Employer Branding verbessern und die Wettbewerbsposition des Unternehmens, beispielsweise in der Mitarbeitergewinnung, stärken. Des Weiteren wird es immer schwieriger für Unternehmen, die sich im Bereich der Nachhaltigkeit profilieren möchten, unterschiedliche Nachhaltigkeitsstandards in der eigenen Produktion und in ihren Lieferketten zu rechtfertigen. Die kohärente Umsetzung einer ganzheitlichen Nachhaltigkeitsstrategie – welche auch die Lieferketten beinhaltet – wird von innovativen und vorausschauenden Unternehmen immer stärker erwartet.
Relevanz ökologischer und sozialer Faktoren in der Lieferkette
Die Auseinandersetzung mit sozialen und ökologischen Faktoren in der Lieferkette ist besonders relevant, weil ein Grossteil des Fussabdrucks unternehmerischer Tätigkeit in vorgelagerten Stufen der Wertschöpfungsketten anfällt. Aktuelle Zahlen des Bundesamts für Umwelt (BAFU) belegen, dass der ausländische Anteil der schweizerischen Umweltbelastung in den letzten Jahren stetig gestiegen ist und mittlerweile 70% der Umweltbelastung der Schweizer Konsumnachfrage ausmachen, währendem die inländische Umweltbelastung insbesondere dank gesunkenen Emissionen von Luftschadstoffen und ozonschichtabbauenden Substanzen reduziert werden konnte.
Quelle: BAFU, «Grüne Wirtschaft-Massnahmen des Bundes für eine ressourcenschonende, zukunftsfähige Schweiz», 2016
Auch in Bezug auf soziale Themen sind Beschaffungsfragen und die Art des Lieferkettenmanagements bedeutend. Denn während in Ländern mit starker Rechtsstaatlichkeit die Einhaltung von sozialen Mindeststandards erwartet werden kann, gilt dies für viele Produktionsstandorte internationaler Lieferketten nicht. So kann die Einhaltung von grundlegenden Arbeits- und Sozialnormen nicht überall als gegeben betrachtet werden und in einigen Regionen und Wirtschaftssektoren besteht sogar die Gefahr von Kinder- oder Zwangsarbeit.